Gib mir Gelassenheit, Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann;
gib mir den Mut, Dinge zu ändern,
die ich zu ändern vermag,
und gib mir die Weisheit,
das eine vom andern zu unterscheiden.

Rainer Maria Rilke

Sonntag, 24. Juli 2011

Bin wieder da


Eigentlich hatte ich beschlossen, mich nicht mehr im Internet zu äußern und „meinen Weg“ nur noch für mich zu geh´n.  Ich konnte es aber auch nicht lassen ab und zu im Forum vorbeizuschauen. Ich hätte auch nicht gedacht, dass mein "Verschwinden" so viel Interesse erzeugt und zu so vielen Spekulationen Anlass gibt. Um dem ein Ende zu setzen will ich hier kurz Stellung nehmen.
Vorab möchte ich noch klarstellen, dass ich natürlich der Meinung bin, dass jeder einen Blog der ins Netz gestellt wurde auch speichern kann und auch daraus zitieren darf, selbst wenn der Blog aus dem Netz entfernt wird.  Eine Zeitung die ich gekauft habe kann ich ja auch aufbewahren und immer wieder zitieren.

Ich bin immer noch begeisterter Jakobspilger und werde sicherlich noch manche Wege gehen, sofern es meine Gesundheit erlaubt. Ich habe viele Erfahrungen gemacht, schöne eindrucksvolle Begegnungen gehabt und viele emotionale Stunden erlebt. Meine zwei großen Pilgerungen auf dem Camino France waren unbeschreiblich schön und ich zehre heut noch von den vielen schönen Tagen.

Für dieses Jahr hatte ich beschlossen den Weg an der Küste zu gehen und hatte mich auch intensiv darauf vorbereitet. Ich war körperlich sehr fit und hatte mich doch überschätzt. Der Weg von Irun bis Bilbao ist einfach zu anstrengend für mich gewesen. Da sind selbst die Berge von Leon und die Pässe in Galicien viel leichter zu gehen gewesen. Aber sicher wäre das noch zu meistern gewesen. Die Schönheit der Landschaft ist ebenfalls unbeschreiblich und die Ausschilderung – jedenfalls bis Bilbao- war einwandfrei und keinesfalls schlechter als auf dem so genannten Hauptweg.
Das die Spanier inzwischen gelernt haben den Jakobsweg zu vermarkten habe ich ja schon die letzten Jahre erfahren müssen, aber hinter der Vermarktung hat man immer noch den Geist des Pilgerns gespürt.
Ganz anders auf dem Camino del Norte. Vorab sei noch gesagt, dass ich in der Karwoche gestartet bin und viele Herbergen erst oder auch nur  im Sommer geöffnet sind.  Auch will ich ausdrücklich die Herbergen der örtlichen Jakobsgesellschaften ( z.B. Irun ) ausklammern, die mit viel Leidenschaft geführt werden.
Ansonsten hat dieser Weg mit Pilgern nicht viel zu tun. So sind dann auch die eigentlichen Pilger in der Minderheit und fast gar nicht auszumachen, weil viele auch in Pensionen und Hotels ausweichen. Pilgertreffpunkte oder auch Pilgermessen habe ich in dem Abschnitt auch nicht gefunden.
Ich habe in meinen Blog unzählige Beispiele beschrieben und auch die Herbergen benannt und bin daraufhin dermaßen angefeindet und beleidigt worden, dass ich meinen  Blog beendet habe. Deshalb auch hier nur ein paar Beispiele:
Die meisten sog. Pilger sind junge Leute  die die sportliche Herausforderung suchen aber auch den Genüssen des Lebens nicht abgeneigt sind. In den meisten Herbergen wurde offen gekifft, was das Zeug hält. Selbst in der Jugendherberge wurde am Mittagstisch der Joint herumgereicht. Alkohol  statt Wasser war oft die Devise. Nachtruhe und  Rücksichtnahme  auf ältere Pilger war den meisten fremd. Oft bekam man  in den Herbergen seinen Schlüssel und konnte kommen und gehen wann man wollte. In einer Jugendherberge bekam ich ein Bett in einem Viererzimmer mit Küche für 28.00 Euro. Nach einer Stunde Schlaf kamen meine „ Mitbewohner „ und begannen um 24.00 Uhr an zu kochen. Ich habe den Rest der Nacht im Freien verbracht.  In eine anderen Herberge, sie bestand aus einer Garage und einem Gartenhaus, wurde das Fußballpokalspiel  Barcelona/ Madrid übertragen. Bis zwei Uhr Nachts einschließlich Zigarettenqualm und Haschwolken.

Ich habe die Gegebenheiten in meinem Blog ausführlich und mit Namen und Orten beschrieben und mit Fotos und Videos belegt. Die Reaktion war unbeschreiblich. Ich wurde dermaßen angefeindet, beleidigt und beschimpft, dass ich den Blog vom Netz genommen habe.
Hier nur zwei Beispiele aus meinen Aufzeichnungen.

Eine Herberge im Untergeschoss einer Villa war so verdreckt, dass sofort das Weite suchte. Aber nach zwei Stunden und nochmals 5 Kilometer Anstieg und Abstieg , blieb mir wegen  fehlender Übernachtungsmöglichkeiten nichts übrig als hier zu übernachten
In einem völlig verdreckten Garten waren zwei Schafe angekettet und ein Hase lief durch den Garten und das Haus. Der Betreiber der Herberge lag in  einer Hängematte, daneben sein Hund der wohl mehr Flöhe hatte als die Schafe. Die Garage als Küche umfunktioniert war verdreckt und stank vor Abfall. Das dreckige Geschirr stapelte sich wohl schon ein Paar Tage. Die Im Prospekt angekündigte Bettwäsche lag auch schon ein paar Tage in der Waschmaschine und die ausliegende Wäsche zum Beziehen der völlig versifften Betten war noch feucht. Eine defekte Dusche und ein Waschbecken waren die Waschmöglichkeiten. Für ein Fußbad standen zwei Plastikwannen im Schlafsaal. Die in einem Prospekt angekündigte Internetverbindung entpuppte sich als ein PC, der in der Privatwohnung des Betreibers stand. Ich habe mich nicht getraut, die Tastatur anzufassen, weil sie so verdreckt war, dass man die Buchstaben auf der Tastatur nicht mehr erkennen konnte. Die Herberge diente auch den „ortsansässigen Obdachlosen“ als Bleibe. Diese erschienen torkelnd gegen 22.00 Uhr um sich nach einem „ letzten Bier“ in die freistehenden Betten zu legen.



In Gernika kostete die Jugendherberge 28 Euro und das billigste Zimmer in der Stadt 50 Euro.
Die Herberge war eigentlich ganz nett und sehr sauber. Auch hier bekam man einen Schlüssel und konnte zu jeder Zeit ein- und ausgehen. Ich war auf der Etage untergebracht wo sich auch der Frühstücksraum befand. Gegen Mitternacht wollte ich wissen, warum eben in diesem Raum noch so viel Lärm war und stellte fest, das etwa 10 Personen, ganzen Körper tätowierte und mit unzähligen Piercings bestückte vornehmend junge Junkies noch kochten und den Frühstücksraum zur Bar umfunktionierten. Natürlich wurde geraucht und gekifft, obwohl der Raum schon zum Frühstück gerichtet war. Das einer der Anwesenden eine Karaffe mit Orangensaft an den Hals setzte und austrank habe ich noch mitbekommen. Im gleichen Augenblick aber war für mich dieser Weg beendet.


Wahrscheinlich ist es ratsam diesen Weg im Sommer zu gehen, wenn die eigentlichen Pilgerherbergen geöffnet sind. Die Jugendherbergen sind jedenfalls keine Alternative. Was das Preis-Leistungsverhältnis angeht, gibt es auch hier keine Alternative zum Hauptweg. Das aufgrund der touristischen Lage am Meer der Preisspiegel etwas höher angesetzt werden muss ist selbstverständlich. Doch oft habe ich mich abgezockt gefühlt, wenn ich für mein Bier oder Wein mehr zahlen musste als der Einheimische.

Gleichwohl habe ich meine Sehnsucht nicht verloren und werde nächstes Jahr einen neuen Versuch machen.

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