Gib mir Gelassenheit, Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann;
gib mir den Mut, Dinge zu ändern,
die ich zu ändern vermag,
und gib mir die Weisheit,
das eine vom andern zu unterscheiden.

Rainer Maria Rilke

Montag, 18. April 2011

Bürokratie

Zumaia  Deba  12 km

Es ist noch dunkel, als wir aufstehen und die Herberge verlassen. Ohne zu bezahlen oder ohne Stempel in unserem Pilgerpass wollen wir aber nicht abhauen und klingeln nach dem Besitzer. Nach einiger Zeit kommt dieser auch, wenn auch noch total verschlafen. Da wir das Geld von je 10 Euro passend haben ersparen wir uns den Stempel und ziehen von dannen.


Die Etappe ist nur 12 Kilometer lang, eigentlich kurz und doch unendlich. Wir gehen  langsam und machen viele Pausen. Aber es ist wunderschön sich unter schattigen Bäumen auszuruhen und die Landschaft zu genießen. Wir brauchen fast 5 Stunden für die 12 Kilometer bis nach Deba, dessen Pilgerherberge wir gegen Mittag erreichen. Die Pilgerherberge liegt auf dem Weg in die Stadt. Es ist eine alte Turnhalle und der Eingang ist fast versteckt an der Seite. Mir freuen uns schon auf die Dusche, immerhin gibt es eine für die Damen und eine für Herren. Bei 4 Schlafsälen mit je 16 Betten sind wir froh, so früh angekommen zu sein und wollen uns gleich frisch machen. Die Putzfrau lässt dies allerdings nicht zu und meint wir müssen erst in die Stadt um uns anzumelden.

Also Gepäck wieder aufladen. Es in der Herberge zu lassen erscheint uns etwas zu gewagt. Es gibt zwei Aufzüge in die Stadt, von denen einer leider seinen Dienst verweigert und so bleibt uns nichts anderes übrig, als die Treppen hinunter zu steigen. Von den Einwohnern werden wir unaufgefordert und ziemlich konsequent zum Rathaus gelotst. Es scheint tägliche Routine zu sein, die Pilger an die richtige Stelle zu bringen. Allerdings ist das Rathaus nicht der richtige Anlaufpunkt und ein freundlicher Polizist erklärt uns, dass wir erst zur Touristeninformation müssten. Ich muss etwas verwundert geschaut haben, denn er nimmt mich an den Arm und geht mit mir hinaus, um mir den Weg zu erklären. Dabei versucht er es sogar in Englisch und gestikuliert wild mit den Händen. Ich verstehe eigentlich nur Bahnhof bzw. Kathedrale. Aber eins verstehe ich sofort, als er auf die Uhr zeigt. Es ist kurz vor zwei und die Information schließt von 2 bis um 5. Also ab im Laufschritt. Die Dame an der Rezeption, hat ihren  Schreibtisch schon aufgeräumt und beabsichtigt wohl jeden Moment in die Mittagspause zu verschwinden. Sie nimmt sich trotzdem Zeit für uns und  händigt jedem einen Schlüssel für die Herberge. Außerdem versorgt sie uns noch mit Prospektmaterial. Wir machen uns wieder auf den Weg  zurück zur Herberge. Zwei Pilger, die uns entgegen kommen, klopfen allerdings vergeblich an die Tür zum Verkehrsbüro. Die nette Dame hat ihre Siesta schon begonnen. Als wir zu den beiden Aufzügen kommen, hat auch der zweite seinen Geist aufgegeben. Also Treppensteigen.










Nach einer schönen Dusche gehen wir abermals in die Stadt. Uns ist nach etwas zum Essen zumute.  Wir sitzen auf dem Marktplatz und sehen  dem Treiben, dass nun langsam weniger wird, eine Zeitlang zu. Es erscheinen immer mehr Pilger, die allerdings die Zeit bis um 5 Uhr mit Warten verbringen müssen, was sich allerdings ohne Probleme ertragen lässt. Die Speisenkarte des Restaurants hat eine Menge zu bieten. Allerdings habe ich vom Start in Irun bis heute noch nichts Richtiges gegessen. Außer Croissant zum Frühstück und zwei belegte Brote, haben nur noch zwei Bananen und eine Tafel Schokolade meine Verpflegung bereichert. Ich entscheide mich für einen Salat mit Fisch und der ist so vorzüglich, dass ich alles in mich hineinschlinge. Nach dem Essen verbringen wir die Zeit bis zum Abend am Strand. Dann bewegen wir uns wieder zu Herberge. Die ersten 2 Schlafsäle der Herberge sind gerammelt voll. Die einzige Dusche steht unter Wasser. Dafür gibt es auf den Toiletten kein Wasser und auch kein Papier.  Ein älterer Herr hat jetzt wohl die Aufsicht übernommen. Er hat vor den Schlafsälen einen Tisch aufgebaut und sitzt dort wie wichtig dreinschauend wie ein Portier in einem 4 Sternehotel. Den wenigen Pilgern, die jetzt noch ankommen, erklärt er sehr energisch, dass sie erst in die Stadt müssen, der Formalitäten wegen. Ich frage mich, was wohl Pilger machen, die nach Schließung des Touristenbüros ankommen und ein Bett belegen wollen?.


Inzwischen ist es fast 21.00 Uhr und 3 von den Schlafsälen sind voll. Der vierte Raum ist dagegen völlig leer. Da inzwischen alle Herbergssuchenden angekommen sein dürften, beschließe ich, der Enge im Schlafsaal zu entliehen und will mir meine Schlafstätte in dem leeren Raum herrichten. Da hab ich aber die Rechnung ohne den Aufpasser gemacht, der mir ziemlich unwirsch klar macht, dass das ganz unmöglich ist.


Etwas später bemerke ich, dass einige Pilger die gleiche Idee hatten wie ich und in dem vierten Raum verschwinden. Da inzwischen der Pförtner auch verschwunden ist, nehme ich meine Klamotten um dort zu schlafen. Doch die Pilger haben sich schon verteilt und der Raum ist gar nicht mehr so leer wie ich gedacht habe.

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