Gib mir Gelassenheit, Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann;
gib mir den Mut, Dinge zu ändern,
die ich zu ändern vermag,
und gib mir die Weisheit,
das eine vom andern zu unterscheiden.

Rainer Maria Rilke

Samstag, 16. April 2011

Endlose Berge

San Sebastian - Orio 20 km

Obwohl ich nur kurz geschlafen habe und eigentlich todmüde bin stehe ich um 6 Uhr auf. Ich versuche leise zu sein, weil die Radfahrer noch schlafen, aber irgendwie gelingt mir das nicht.  Als die Tür hinter mir ins Schloss fällt höre ich die 4 Spanier schimpfen. Es ist noch dunkel, als ich den steilen Weg nach San Sebastian hinunter steige. Es ist unheimlich steil und die vielen Treppen sind auch nicht mehr die sichersten. Ich muss mich ernsthaft konzentrieren, dass ich mir nicht irgendwo die Haxen verstauche. Früh morgens durch eine Stadt zu laufen, die gerade aufwacht, finde ich aufregend und schön. In der Hauptstrasse bauen die ersten Markthändler ihre Stände auf, während die Kehrmaschinen geräuschvoll und wasserspritzend um sie herumkreisen. Die ersten Cafes öffnen, Tische und Stühle werden auf dem Gehweg hin- und hergeschoben. An der Bushaltestelle warten die Menschen auf die ersten Busse. Ich laufe die Strandpromenade entlang und stimme zu, dass die Concha-Bucht einer der schönsten Stadtstrände auf der Welt sein muss, auch wenn ich nicht so viele Stadtstrände kenne.  Leider sind gerade unendlich viele Baustellen mit hohen Holzwänden abgesichert, so dass der Blick auf die Stadt etwas eingeschränkt ist. Nach der Menge der Abfälle, die auf dem über 3 Kilometer langen Abschnitt liegen, muss hier gestern Abend die größte Party der letzten Monate stattgefunden haben. Aber es war nur ein ganz normaler Freitagabend im April eine Woche vor Ostern.  Wie muss es hier erst im Sommer aussehen? Aber die vielen Kehrmaschinen, denen ich immer wieder ausweichen muss und die mich doch immer wieder mit ihrem Wasserstrahl treffen, versprechen, dass es hier in zwei stunden wieder sauber ist. Gegen 9.00 Uhr liegt die Stadt hinter mir und bevor es wieder hoch in die Berge geht genehmige ich mir eine Cafe und ein Croissant. 

San Sebastian

Die Stadt wacht erst auf

Concha-Bucht

Samstag Morgen


Die ersten Jogger


Mein Frühstück

Der Anstieg ist sehr steil, aber die Aussicht entschädigt für die Strapaze. Dann geht es immer an der Küste entlang ständig rauf und runter. Aber der tag ist schön, es ist warm und ein leichter Wind verschafft einem immer wieder etwas Kühlung. In Orio beschließe ich zu bleiben. Gleich am Ortseingang befindet sich eine private Herberge. Der Schlafraum befindet sich auf der Rückseite in einem Keller und die Küche ist in einem kleinen Gartenhäuschen untergebracht. Ich dusche und genieße die Aussicht, während immer mehr Pilger eintreffen.  




auf dem Höhenweg nach Zumaia

trifft man so manchen Esel

Weit ist der Weg





Herberge von Orio




Ich schaue mir die Stadt an und treffe Uwe aus Bonn, einen Frühpensionär, der auch alleine läuft. Er plant 2 Monate bis Santiago und hatte über 20 Kilo Gepäck dabei. Inzwischen hat er 2 Pakete per Post nach Hause geschickt, was ihm 130 Euro gekostet hat. Den Schlafsack hat er auch verschickt, ein paar Holzsandaletten aber schleppt er immer noch mit. Das wichtigste ist sein Navi-gerät, das jeden seiner Schritte aufzeichnet. Trotzdem weiß er nie wo er gerade ist. Schon vier Tage versucht er mit seinem Handy nach Hause zu telefonieren, was aber irgendwie nicht funktioniert.  Schnell stelle ich fest, dass er einfach nur die Vorwahl vergessen hat. Der Weg zurück zur Herberge ist beschwerlich und zu zweit auch nicht einfacher zu bewältigen. Wir sitzen noch lange in der Gartenlaube, und schauen den anderen Pilgern beim Kochen zu. Einige Pilger haben Abendessen für 10 Euro bestellt, einen Salat und Huhn mit Reis, was gut aussieht und sicher ausgezeichnet schmeckt.

Etwas später erscheinen noch 3 junge Leute, 1 deutsches Pärchen ca. 20 Jahre und eine gleichaltrige Spanierin die perfektes Deutsch spricht. Die Drei sind heute Morgen in Irun losgelaufen und wollen in 3 Tagen bis Bilbao, wovon ihnen aber die Herbergsinhaberin abrät. Das sei ja viel zu weit und zu beschwerlich. Aber die drei sind fest davon überzeugt, dass sie das schaffen. 

Irgendwann, als es fast schon Zeit fürs Bett ist, erklärt uns die Herbergsbesitzerin, dass wir heute bitte nicht die Türe schließen sollen, sondern nur anlehnen dürfen, weil alle Familienangehörigen und auch alle Pilger ins Dorf gehen, um das Fußballspiel Madrid gegen Barcelona zu verfolgen.  Damit war es natürlich aus mit der Nachtruhe. Die ersten kamen um 1.00 Uhr lärmend zurück die letzten um 5.00 Uhr. 

 

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