Gib mir Gelassenheit, Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann;
gib mir den Mut, Dinge zu ändern,
die ich zu ändern vermag,
und gib mir die Weisheit,
das eine vom andern zu unterscheiden.

Rainer Maria Rilke

Dienstag, 19. April 2011

es geht ein Zug

Deba  0 km

Um 3 Uhr ist für mich die Nacht zu Ende. In meinem Magen rumort es wie in einem Vulkan. Ich habe schrecklichen Durchfall. Als ich um 6 Uhr wieder in den Schlafsaal komme, sind schon die ersten Pilger beim Aufbruch. Die sanitären Einrichtungen sind wie fast überall auf dem Jakobsweg völlig unzureichend. Alles drängelt sich in dem einen Raum, der für die Männer gedacht ist, aber den jetzt auch die Frauen benutzen müssen, da im Damenwaschraum kein Wasser läuft. Da ich keine Chance habe, auch nur irgendwann die Toilette zu benutzen, verbringe ich die Zeit draußen, bis alle Pilger verschwunden sind.

Auf dem Weg zum nächsten Etappenziel, muss man durch die Ortschaft und am Bahnhof einen Fluss überqueren. Die Kohletabletten, die ich schon um 6 geschluckt habe, zeigen keine Wirkung und so schaffe ich gerade noch den Weg bis zum Bahnhof. Die Alternative, mit der Eisenbahn nach Gernika zu fahren erscheint mir im Moment als einzige Möglichkeit heute hier weg zu kommen. Immerhin geht jede Stunde ein Zug nach Bilbao. Der Fahrkartenverkäufer freut sich, dass er seine Englischkenntnisse anwenden kann und erklärt mir noch, dass ich kurz vor Bilbao umsteigen muss. Dann setze ich mich auf eine Bank und warte auf den Zug. Ein älterer Spanier setzt sich neben mich und spricht mich gleich auf Englisch an. Wahrscheinlich hat er das Gespräch am Schalter mitbekommen und freut sich nun ebenfalls, dass er seine Sprachkenntnisse anwenden kann. Als ich im sage, dass ich Deutscher bin, steigert sich seine Freude ins Unermessliche, und erklärt mir, diesmal in Deutsch, dass er lange Jahre als Matrose auf einem Deutschen Handelsschiff über die Weltmeere fuhr und auch einige Zeit in Hamburg lebte. Wir unterhalten uns eine Zeit und ich erkläre ihm mein  Problem. Jetzt beginnt der alte Mann zu schimpfen, was das Zeug hält. Er schimpft auf die Bahn, die seit Jahren den Service runterfährt und die Toiletten  in den Regionalzügen  abgeschafft hat, und wenn es trotzdem Toiletten gibt, dann sind die entweder kaputt oder abgeschlossen. Und das bei seiner Prostata. Manchmal muss er die zweistündige Fahrt unterbrechen um unterwegs irgendwo Pinkeln zu gehen. Ja,Danke! Da wird es wohl nichts mit meiner Fahrt nach Gernika.

Als der erste Zug nach Bilbao kommt, natürlich ohne Toilette, schaue ich dem alten Mann nach, der im Zug verschwindet. Der Bahnhofsvorsteher oder Fahrkartenverkäufer gibt mir Zeichen, ich solle in den einsteigen, da der Zug gleich abfährt. Als ich abwinke, schüttelt er nur den Kopf, lässt einen Pfiff ertönen und der Zug setzt sich in Bewegung. Der Zug, der gleichzeitig in die Gegenrichtung fährt, hat eine Toilette und ich überlege ernsthaft, ob ich nach San Sebastian zurückfahre. Aber wenn dieser Zug eine Toilette hat, dann hat eventuell der nächste nach Bilbao auch eine Toilette. Also warte ich eine Stunde. Der nächste Zug ist pünktlich und man glaubt es kaum, er hat eine Toilette. Ich steige ein und setzte mich in den Wagen, in dem die Toilette ist.  Ich sitze noch nicht ganz, als ich das Schild an der Klotüre lese, dass die Toilette geschlossen ist. Der Zug fährt ab, und ich stehe wieder auf dem Bahnsteig. Der Fahrkartenverkäufer schüttelt wieder nur den Kopf. Beim nächsten Zug das gleiche Spiel, wieder keine Toilette. Ich weiß nicht wie viele Züge ich  wegfahren lasse. Als gegen 16.00 Uhr endlich ein Zug kommt, der eine funktionierende Toilette hat, nehme ich die Fahrt auf mich. Der Bahnhofsvorstand/ Fahrtkartenverkäufer hat jetzt auch Feierabend und nimmt den gleichen Zug wie ich. Die Stunde mit der Bahn bis zu der Station wo ich umsteigen muss, läuft keineswegs entspannt. Die Zeit will überhaupt nicht vergehen. Dann kommt auch noch eine Fahrscheinkontrolle und die Dame nimmt es sehr genau. Sie spricht nur Spanisch, aber ich kann aus ihren Gesten erkenne, das sie von mir wissen will, warum ich die Fahrkarte heute morgen gekauft habe, aber jetzt erst fahre, ist doch die Fahrkarte nur zum sofortigen Fahrtantritt bestimmt. Ich überlege schon, wie ich der Frau das am besten erkläre, als mir der Fahrkartenverkäufer zu Hilfe kommt. Er spricht zwei Sätze Spanisch mit der Kontrolleurin und alles ist geritzt. Es ist fast sieben, als ich Gernika ankomme.  In der Touristeninformation erfahre ich, wo sich die Jugendherberge befindet und dass die Übernachtung fast 30 Euro kostet. Da mir der Weg ein wenig weit und der Preis ein wenig zu hoch erscheinen, frage ich nach einer Pension. Die gibt es auch, sogar ganz in der Nähe und kostet 50 Euro pro Nacht.

Die Jugendherberge ist schön. Die 6Bettzimmer sind  sauber und es gibt duftend frische Bettwäsche. Außerdem ist in dem Preis das Frühstücksbuffet  enthalten. Es gibt genügend Wasch- und Duschmöglichkeiten. Nicht weit weg ist auch eine Kneipe.

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