Gib mir Gelassenheit, Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann;
gib mir den Mut, Dinge zu ändern,
die ich zu ändern vermag,
und gib mir die Weisheit,
das eine vom andern zu unterscheiden.

Rainer Maria Rilke

Donnerstag, 30. April 2009

Heute etwas weniger

Triacastela nach Sarria 19.7 Kilometer

Um 6 Uhr stehe ich still auf, ziehe mich an. Ich vermeide die Toilette oder den Waschraum aufzusuchen und putze mir draußen die Zähne.

Es regnet leicht als ich den Ort verlasse. Am Ortsende gibt es 2 Hinweisschilder, die in verschiedene Richtungen weisen. Ich erinnere mich, dass es einen Weg gibt, der zu einem Kloster führt, aber eigentlich ein Umweg ist. Aber welcher Weg ist jetzt der kürzere Hauptweg? Ich hole meinen Führer aus dem Rucksack und studiere die Karte. Aber wo ist meine Brille? Ich finde sie nicht und glaube, dass ich sie in der letzten Herberge vergessen haben. Also entscheide ich mich für den rechten Weg. Die nächsten 10 Kilometer laufe ich ganz alleine. Nur einmal werde ich von einer älteren Dame überholt. Da die Dame ziemlich schnell mit 2 Stöcken unterwegs ist und außerdem kein Gepäck hat, gehe ich mal davon aus, dass die hier Nordic Walking macht und nicht nach Santiago pilgert.



Auch die nächsten 10 Kilometer bin ich ganz allein. Wo sind eigentlich heute die anderen Pilger? Bin ich auf dem falschen Weg? Nein , dass kann nicht sein. Die Wegführung und Ausschilderung  ist ok. Wahrscheinlich laufen alle anderen Pilger den etwas längeren Weg über das Kloster Samos. Oder bin ganz einfach zu früh?

Heute drückt mein Gepäck ganz besonders und ich muss mehrmals anhalten um den Rücken zu entlasten.  Ich glaube mein Rucksack ist viel zu schwer und je weiter ich gehe, desto schwerer wird er. Ich hätte vieles daheim lassen können. Aber darüber nachzudenken ist müßig, ich hab’s ja dabei. Und wegwerfen ???

Übrigens ist das Thema nr.1 bei den Pilgern der Rucksack. Darüber kann man toll philosophieren. Wie schwer, beste Trageweise, Verteilung des Gepäcks im Rucksack und Festlegung des Schwerpunktes. Anstellwinkel des Rucksacks zur Wirbelsäule und der Winkel der Wirbelsäule zum Boden. Aber zu den wichtigsten Themen der Pilger komme ich später vielleicht einmal.
Die letzten 2 Kilometer sind fast nicht zu schaffen, dabei habe ich heute nicht mal 20 Kilometer hinter mir. Der Ort liegt auf einer Anhöhe und die letzten 500 Meter ins Zentrum, sind derart steil, dass ich fast eine halbe Stunde brauche. Im Ort stelle ich fest, dass ich wieder mal viel zu früh bin. Es ist gerade 12.00 Uhr und in der Gemeindeherberge sind die Putzfrauen noch bei der Arbeit. Wahrscheinlich haben die letzten Pilger gerade den Ort verlassen und sind au dem Weg zum nächsten Etappenziel.




Ich werde aber nicht weiter gehen und gehe in die nächste Kneipe. 2 Kaffe con leche und ein Croissant sind das erste was ich heute esse. Ich studiere meinen Führer und entschließe mich für eine Private Herberge. Die kostet zwar 10 Euro, hat aber ne ganze Menge Vorteile.
6 Bettzimmer gute Sanitäranlagen, vor allem genug Toiletten und alles was man braucht, einschließlich Liegestühle auf dem Dach. Außerdem Internet, wo ich wieder mal meine ganzen Erfahrungen ablegen kann.


Übrigens regnet es noch immer, aber morgen soll es endlich schöner werden.
Jetzt sitze ich hier am Internet und wer erscheint. Der Spanier und der Wuppertaler. Inzwischen sind fast alle angekommen, die gestern in der Herberge von La Faba waren. Aber die meisten wohnen in der Gemeindeherberge, die ja 5 Euro billiger ist.

Die zwei Mitpilger entscheiden sich auch für die Herberge, und da ich bisher alleine im Zimmer bin, ist schnell klar, wo sie ihr Gepäck ablegen. Jetzt macht sich auch die Erfahrung des Wuppertalers bezahlt. Im Zimmer stehen 3 Doppelstockbetten die natürlich zuerst unten belegt werden. Kleidungsstücke oder Schlafsack bedeutet immer, dass das Bett belegt ist. Der Wuppertaler legt also auf die drei oberen Betten mehrere Kleidungsstücke. Das heißt eigentlich für jeden der ins Zimmer kommt, dass die betten belegt sind. Und da es genug andere Räume gibt bleiben wir drei alleine.

Neben der Herberge ist auch gleich ein tolle Kneipe. Ein Bier 0,4 l für 1,20 Euro dazu noch Tapas. So was muss man ausnützen.
Meine Wäsche  hab ich auch schon gewaschen und auf die Leine gehängt. Das Wetter scheint langsam besser zu werden


Während ich überlege, ob ich mir das Pilgermenue für 8 Euro mit Suppe, Hauptgang, Nachtisch, Brot, 1/2 Liter Wein und Kaffe bestelle, erscheint Ringelblume im Lokal, diesmal ist sie mit dem Wiener unterwegs. Der sieht noch ziemlich schlecht aus nach der vergangenen Nacht.

 OH OH der Weg nach Santiago ist lang, aber die Welt ist klein!






Habe eben für 9.9o Euro gegessen. Menü und Wein und Brot. Ich glaube hier gibt es den besten Pulpo den ich je gegessen habe. Ob ich morgen früh laufen kann, weiß ich noch nicht. Mir tut alles weh. Außerdem habe ich 3 Gläser Wein ( und was für einen) getrunken. Sollte es morgen eigentlich bis Portomarin schaffen. 19,4 Km aber bis morgen ist lang. Vielleicht kann ich mal etwas länger schlafen.


Am Schluss muss ich mich beeilen, dass ich in die Herberge komme. Denn wer nicht vor 10 Uhr da ist, muss damit rechnen, dass geschlossen ist und er nicht mehr ins Bett kommt.
Da ist natürlich zum Schutz der Pilger sehr wichtig, sonst ist die Gefahr doch sehr groß, dass die Bettruhe nicht eingehalten wird. Ich wundere mich, dass noch keiner meiner Mitpilger da ist? Der Schlafraum ist leer. Ich hole meine Wäsche rein, die noch klatschnass ist, weil es wieder angefangen hat zu regnen. Dabei höre ich aus der Scheune laute Stimmen. Alle meine Mitpilger sitzen in der Scheune. Der Wirt hat in einem Kamin ein Feuer gemacht  und auf dem Tisch stehen etliche Flaschen Schnaps. Jetzt erinnere ich mich auch daran, dass in meinen Führer darauf hingewiesen wird. Da es in Privatherbergen mit der Nachtruhe nicht so ernst genommen wird, wird es ein langer Abend. Der Schnaps schmeckt übrigens sehr gut.


Gute Nacht.


Morgen ist ein neuer Tag.

5 Kommentare:

  1. richtig! mach mal Pause und etwas langsamer und denke auch an die Gesundheit.

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  2. Danke für die grüße. Da hast du dir aber ein tolles wetter zum laufen ausgesucht ;)

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  3. Morgen wird das Wetter besser.
    Gruesse Klaus

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  4. man oh man und wie lang soll die Reise gehen? mir tun die Füße schon weh vom lesen ;) grüßle martina

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  5. Pulpo, Pulpo und sonstige Schissbachforellen.
    Ess mal eine vernünftige, heiße Herdepfelsuppe, die Dich bei diesem Wetter auf dem Jockelipfad stärkt.

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